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GAV-Konferenz verlangt klare Verbesserungen im SBB-Angebot

Die Lohnkurve bleibt Knackpunkt des Systems

Wenn die SBB an den Lohnsenkungen in den untersten Bereichen festhält, wird der SEV dem neuen Lohnsystem nicht zustimmen können.

Lohnkurve

Wenn diese Ausgabe von kontakt.sev erscheint, steht die letzte Verhandlungsrunde um das neue Lohnsystem bei der SBB unmittelbar bevor. Vor dieser Runde liegen die Positionen so weiter auseinander, dass keine Einigung möglich wäre. Dies ist auch die klare Haltung der GAV-Konferenz, die aus Delegierten der Unterverbände und Kommissionen besteht. Sie hat sich vor zwei Wochen informieren lassen, wie es um das neue Lohnsystem und dessen Auswirkungen aufs Personal steht.

Zwei grundsätzliche Einflüsse

SEV-Vizepräsident Manuel Avallone als Delegationsleiter sowie die beiden Lohnspezialisten Nick Raduner und Philipp Hadorn zeigten den Stand der Verhandlungen auf. Dabei strichen sie heraus, dass zwei unterschiedliche Elemente sich gegenseitig beeinflussen:

  • Die neuen Arbeitsplatzbewertungen und damit verbunden die Einreihung in 15 Anforderungsniveaus führen dazu, dass einzelne Berufsgruppen und Arbeitsstellen höher, andere tiefer bewertet werden als im bisherigen System der 29 Funktionsstufen. «Diese Umstellung führt auf allen Ebenen des Unternehmens, von den untersten bis zu den obersten, sowohl zu Verlierern als auch zu Gewinnern », hielt Avallone fest.
  • Eine neue Lohnkurve sieht gemäss Vorschlag der SBB vor, dass in den unteren Niveaus tiefere, in den obersten Niveaus höhere Durchschnittslöhne bezahlt werden sollen. Hier ist die Lage eindeutig: «Unten wird das Potenzial kleiner, oben grösser.»

Vor allem in den tiefer angesiedelten Berufen verdoppeln sich die Auswirkungen der beiden Elemente, was zu einer deutlichen Entwertung ganzer Berufsgruppen führen würde.

Nicht alles schlechter

Nick Raduner nannte Elemente, die in den Verhandlungen bisher geregelt werden konnten. So fällt die heute weitverbreitete Anstellung unter dem für eine Funktionsstufe festgelegten Minimallohn weg; einzige Ausnahme sollen Leute bilden, die direkt nach der Lehre angestellt werden. Der Anstieg bis zum Maximum eines Lohnbands soll innert 20 Jahren erfolgen. Nachdem die Erfahrung mit dem bisherigen Lohnsystem gezeigt hat, dass die dort festgelegten 12 Jahre pure Theorie waren, bleibt die Skepsis hier spürbar. Als deutliche Verbesserung erachten die SEV-Vertreter/ innen die neue Regelung der Personalbeurteilung, die nach fest definierten, aus den Stellenbeschrieben abgeleiteten Kriterien erfolgen soll; bisher war häufig die Rede von willkürlichen Kriterien nach dem Gutdünken des jeweiligen Vorgesetzten.

Keine Verluste für Bisherige

Die SBB bietet im Übrigen an, dass alle bisherigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ihrem jetzigen Lohn überführt, Garantien aus der früheren Ortszulage eingebaut und künftige generelle Lohnerhöhungen auch für Leute, die oberhalb des Lohnbands liegen, spürbar werden.

Forderungen bleiben

Für die Delegierten der GAV-Konferenz genügen diese Angebote aber nicht. Sie kritisieren die hohe Zahl von Leuten (gegen 40 Prozent der heutigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter), die neu oberhalb ihres eigentlichen Lohnbands liegen würden. «Damit sagt mir die SBB doch: Eigentlich hast du gar nicht verdient, was wir dir zahlen», stellte ein Delegierter in der Diskussion fest und erhielt dafür heftigen Applaus.

Der wichtigste Punkt jedoch ist der Verlauf der Lohnkurve: Sämtliche Rednerinnen und Redner bezeichnen es als untragbar, dass die neue Lohnkurve tiefer einsetzt und bis zur heutigen Funktionsstufe 19 unter der bisherigen Kurve verläuft. Solange die SBB nicht bereit ist, hier Korrekturen vorzunehmen, ist eine Zustimmung der GAV-Konferenz zum Verhandlungsresultat undenkbar.

Konkurrenzfähig?

Dies bekräftigte auch SEV-Präsident Giorgio Tuti in seinem Schlusswort. Zwar gab er zu bedenken, dass die SBB in einer schwierigen Situation sei. Im Vergleich zur sehr profitablen Swisscom und zur Post brauche die SBB in den nächsten Jahren viel Geld. «Aber das kann sie nicht einfach beim Personal holen!», betonte er.

Tuti warnte davor, eine zu lange Perspektive anzuschauen: «Es wird nicht lange gehen, und die SBB wird Korrekturen anbringen – dann nämlich, wenn der Arbeitsmarkt zeigt, dass sie nicht mehr konkurrenzfähig ist!» Er sehe zwar positive Elemente der bisherigen Verhandlungen, die Lohnkurve aber könne man nicht einfach so hinnehmen.

Viele Postkarten für Jordi

Die GAV-Delegierten haben inzwischen diese Haltung SBB-Personalchef Markus Jordi in einer persönlichen Kartenaktion klar und deutlich mitgeteilt. Der SEV erwartet deshalb, dass an der letzten Verhandlungsrunde vonseiten der SBB die entsprechenden Schritte getan werden.

Peter Moor