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SBB-Schalter

Verkaufspersonal unter Druck

Die Zahl der SBB-Bahnhöfe, auf denen Verkaufspersonal die Kundschaft bedient, ist drastisch reduziert worden. Unmerklich werden weitere Bahnhöfe geschlossen oder die Schalteröffnungszeiten verkürzt. Die verbleibenden Verkaufsangestellten stehen unter enormem Druck: Die Warteschlangen sind oft lang, neben Fahrkarten werden immer zahlreichere weitere Produkte verkauft, und es fehlt schmerzlich an Zeit zur Weiterbildung.

Die Kund/innen erwarten, dass genügend Verkaufspersonal zur Verfügung steht, das ihnen kompetent weiterhilft.

In Bellinzona sind die Schalter seit dem 1. Januar dieses Jahres kürzer offen: Statt um 6.20 öffnen sie um 7.00 Uhr und schliessen um 18.00 statt 19.00 Uhr. Aussergewöhnlich ist im Tessin, dass das Zugpersonal und das Verkaufspersonal zusammen eine Petition lanciert haben, in der sie die SBB dazu auffordern, «aufzuhören, die Schalteröffnungszeiten einzuschränken, sondern den Erwartungen der Kundschaft stärker Rechnung tragen». Angelo Stroppini, SEV-Gewerkschaftssekretär des Regionalsekretariats Bellinzona und ehemaliger Zugchef, ist über diesen Schulterschluss des Zug- und Verkaufspersonals nicht überrascht: «Unsere Kolleg/innen waren empört darüber, dass diese Reduktion der Schalteröffnungszeiten mit der Einführung der 90-Franken-Busse für Reisende ohne Billett im Fernverkehr zusammenfiel!»

Zu wenig Zeit und zu wenig Personal

Die Oberwalliserin Gilberte Imboden, die beim SEV-Unterverband des Betriebs- und Verkaufspersonals SBV mit einem 20-Prozent-Pensum als Mitgliederwerberin tätig ist und die Kolleg/innen auf den Bahnhöfen regelmässig besucht, berichtet: «Die Verkaufsangestellten lieben ihren Beruf und sind im Allgemeinen sehr motivierte Mitarbeitende, doch fehlt ihnen oft die Zeit, ihre Kenntnisse der neusten Produkte im Angebot stets auf den neusten Stand zu bringen. Auf gewissen Bahnhöfen klagen unsere Kolleg/innen zudem über Personalmangel.»

«Geldmaschine» der SBB

Die Ergebnisse einer Umfrage, die der Unterverband SBV vor zwei Jahren beim Verkaufspersonal durchgeführt hat, behalten nach wie vor ihre Gültigkeit. Damals schon beklagten sich viele der Befragten darüber, dass die Arbeitsorganisation den immer höheren Ansprüchen der Kundschaft und den zahlreichen Angeboten zu wenig Rechnung trage. SBV-Zentralpräsidentin Elisabeth Jacchini bestätigt, dass der Druck auf die Kolleg/innen zugenommen hat. «Die SBB verlangt vom Verkaufspersonal immer höhere Umsätze. Der Verkauf ist sozusagen die Geldmaschine der SBB. In diesem Bereich ist in den letzten 10 Jahren die Produktivität erheblich gestiegen.»

«Die Verkaufsangestellten lieben ihren Beruf und sind im Allgemeinen sehr motivierte Mitarbeitende, doch fehlt ihnen oft die Zeit, ihre Kenntnisse der neusten Produkte im Angebot stets auf den neusten Stand zu bringen.»

Gilberte Imboden, Mitgliederwerberin des SBV

Der Fall Western Union

Elisabeth Jacchini hat ziemlich kämpfen müssen, um der SBB klarzumachen, dass es bei Geldüberweisungen mit Western Union mit der Kundschaft immer wieder zu Spannungen kommt. Der Unterverband SBV hat eine Umfrage durchgeführt, die ergab, dass zwei Drittel der Verkaufsangestellten das Western-Union-Geschäft negativ erleben. Drei von vier Mitarbeitenden sind von Western-Union-Kund/innen verbal angegriffen worden.

«Bei der Gewerkschaft nahmen wir dieses Problem sehr ernst und intervenierten in Absprache mit der Personalkommission bei den Verkaufsverantwortlichen der SBB», erklärt Elisabeth Jacchini. «Es wurden daraufhin Massnahmen getroffen, um die Probleme, die bei diesen Geldüberweisungen auftreten können, zu entschärfen. Insbesondere sind an Schaltern Schutzscheiben angebracht worden.»

«Man hört auf uns»

«Wenn Mitarbeitende mit Klagen zu uns kommen, legen wir die Probleme der SBB dar, und man hört dort auf uns», unterstreicht die Zentralpräsidentin SBV. «Man ist wirklich gewillt, mit uns und der Personalkommission zusammen nach Lösungen zu suchen.»

AC / Fi