| Aktuell / SEV Zeitung

Pensionskasse SBB

Bittere Pille für die Versicherten

Um die gesunkenen Kapitalrenditen und die gestiegene Lebenserwartung der Versicherten auszugleichen, senkt die Pensionskasse SBB auf den 1. Oktober 2012 den Umwandlungssatz und den technischen Zinssatz. Wie wirken sich diese Massnahmen für die Versicherten aus?

Ende letzten Jahres hat die Pensionskasse SBB allen aktiven und pensionierten Versicherten brieflich mitgeteilt, dass sie per 1. Oktober 2012 den Umwandlungssatz (bei Alter 65) von 6,515 % auf 5,848 % senken wird, und den technischen Zinssatz – d.h. die erwartete Kapitalrendite – von 3,5 % auf 3 %. Diese Massnahmen kommen für die Versicherten nicht wirklich überraschend, da ihnen die Pensionskasse SBB bereits am 19. Oktober 2011 angekündigt hatte, dass sie ihnen eine bittere Pille verschreiben müsse. kontakt.sev hat bei Patrick Zuber, Leiter Operations der Pensionskasse SBB, nachgefragt, was diese Massnahmen konkret bedeuten.

kontakt.sev: Die Pensionskasse SBB betonte in ihrem Schreiben vom 19. Oktober 2011, der Beschluss des Stiftungsrats stehe «selbstverständlich im Einklang mit dem Volksentscheid vom März 2010, den Umwandlungssatz auf dem BVG-Minimum nicht unter 6,8 % zu senken, da die Leistungen der PK SBB als so genannt umhüllende Kasse weit über das BVG-Minimum hinaus gehen». Was verstehen Sie, Herr Zuber, unter einer «umhüllenden Kasse»?

Patrick Zuber: Die Leistungen der Pensionskasse (PK) SBB liegen weit über dem gesetzlichen Minimum. Zusätzlich zum minimalen obligatorischen Leistungsteil, den das Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) vorschreibt, richtet unsere Kasse sogenannte überobligatorische Leistungen aus. Eine umhüllende Kasse ist eine Pensionskasse, die zugleich obligatorische und überobligatorische Leistungen erbringt. Das heisst, dass die gleichen technischen Grundlagen (Umwandlungssatz und technischer Zinssatz) für den obligatorischen und den überobligatorischen Teil gelten. Entsprechend gibt es für jede/n Versicherte/n nur ein Altersguthaben.

Andere Kassen behandeln den obligatorischen und überobligatorischen Teil separat (unterschiedlicher Umwandlungs- und Zinssatz) und führen für jede/n Versicherte/ n zwei Altersguthaben. Es gibt in der Schweiz auch viele Kassen (insbesondere im Bereich der KMU), die ihre Leistungen auf das gesetzliche Minimum beschränken. Die Lösung der umhüllenden Kasse, welche die PK SBB ihren Versicherten bietet, hat im Vergleich zu den anderen Lösungen zahlreiche Vorteile.

Wie konkret respektiert die PK SBB den im März 2010 vom Stimmvolk ausgedrückten Willen, dass der Umwandlungssatz von 6,8 % beizubehalten ist, obwohl sie ab dem 1. Oktober 2012 einen Satz von 5,848 % anwendet?

Die PK SBB respektiert selbstverständlich den Volkswillen, der bei der eidgenössischen Abstimmung im März 2010 zum Ausdruck kam, denn sie wendet im obligatorischen Teil gemäss BVG den in der Abstimmung beschlossenen Umwandlungssatz an, um aus den Altersguthaben der Versicherten die jährlichen Renten zu berechnen. Wie bereits erwähnt sind die Leistungen der PK SBB bedeutend besser als das gesetzliche Minimum. Bei den überobligatorischen Leistungen kommt zwar ein deutlich tieferer Umwandlungssatz zur Anwendung – wie bei anderen umhüllenden Kassen. Dennoch kann die PK SBB jederzeit für alle Versicherten den Beweis erbringen, dass der Mindestumwandlungssatz selbstverständlich respektiert wird. Zu diesem Zweck führen wir für jede/ n Versicherte/n ein virtuelles Kontrollkonto, das den BVG-Mindestleistungen entspricht. Der Vergleich mit diesem Kontrollkonto zeigt klar: Die Leistungen der PK SBB liegen auch mit dem künftigen tieferen Umwandlungssatz stets weit über der BVG-Mindestrente, die mit einem Umwandlungssatz von 6,8 % berechnet wird. Dies kommt von daher, dass in unserer umhüllenden Kasse dank dem integrierten überobligatorischen Teil ein deutlich höheres Alterskapital gebildet werden kann.

Wen trifft die Senkung des Umwandlungssatzes stärker: Versicherte mit tiefen oder mit hohen Einkommen?

Wie stark die Versicherten von der Umwandlungssatzsenkung betroffen sind, hängt vor allem von ihrem Alter ab. Weil der Stiftungsrat für alle Versicherten per 30. September 2012 eine Gutschrift von 8,5 % auf dem Altersguthaben beschlossen hat, erleiden jene, die kurz vor der Pensionierung stehen, praktisch keine Einbusse, weil diese Kompensation von 8,5 % auf ihr gesamtes angespartes Alterskapital gewährt wird. Jüngere Versicherte hingegen, die natürlich erst einen viel kleineren Teil ihres künftigen Alterskapitals angespart haben, sind von der Leistungssenkung stärker betroffen, da die Kompensation von 8,5 % nur auf dem bereits gebildeten Altersguthaben gewährt wird. Deshalb haben der Stiftungsrat der PK SBB, die SBB und die Sozialpartner über Massnahmen verhandelt, um auch für die jüngsten Versicherten die Einbussen abzufedern. Die am 24. November von der SBB und den Sozialpartnern beschlossene Erhöhung der von der SBB zu bezahlenden Arbeitgeber-Sparbeiträge um 2 % gleicht den Leistungsabbau auch für die jüngsten Versicherten weitgehend aus.

Versicherte mit hohen und tiefen Einkommen sind von der Senkung des Umwandlungssatzes proportional im gleichen Ausmass betroffen. Der absolute Wert der Einbusse in Franken ist natürlich umso grösser, je höher das Altersguthaben ist.

Fragen: Alberto Cherubini / Fi

Weitere Massnahmen

  • Die aktiven Versicherten, die vor dem 1. Februar 2012 in die Pensionskasse SBB eingetreten sind, erhalten auf ihrem Altersguthaben per 30. September 2012 eine einmalige Gutschrift von 8,5 %.
  • Die SBB erhöht per 1. Oktober 2012 ihre monatlichen Arbeitgeberbeiträge an das Altersguthaben der Versicherten um 2 %. Diese Massnahme wurde von der gewerkschaftlichen Verhandlungsgemeinschaft unter SEV-Führung bei den Lohnverhandlungen erreicht und gleicht die Einbussen durch die Senkung von Umwandlungssatz und technischem Zinssatz weitgehend aus.
  • Für Versicherte im Invaliditätsfall garantiert ein neues System eine Invalidenpension von 60 % des letzten versicherten Lohnes vor Eintritt der Invalidität, dies bis zum Alter von 65 Jahren. Danach tritt an die Stelle der Invalidenpension die ordentliche Pension aus dem Altersguthaben.
  • Die Pensionskasse SBB hat beschlossen, für 2012 die Renten nicht an die Teuerung anzupassen. Die Renten der SBB-Pensionierten sind bereits seit acht Jahren nicht mehr an die gestiegenen Lebenskosten angepasst worden!