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Resolution zum Pilotprojekt «Buon appetito am Gotthard»

Personal fordert Korrekturen am Projekt

Mit 29 zu 1 Stimmen haben die Tessiner Zugbegleiter/innen am 13. Juni in Be-llinzona eine Resolution mit Forderungen zum umstrittenen Versuch auf der Gotthardlinie verabschiedet.

Dass die Versammlung der ZPV-Sektionen Bellinzona und Chiasso an einem Samstag mit wunderbarem Wetter so gut besucht war, lag an den aktuellen Themen und den attraktiven Referenten: Neben Erwin Schwarb, Stiftungsratspräsident der Pensionskasse SBB, traten auch SEV-Vizepräsident Manuel Avallone und ZPV-Zentralpräsident Andreas Menet auf.

Resolution

Mit 29 zu 1 Stimmen haben die Tessiner Zugbegleiter/innen am 13. Juni in Be-llinzona eine Resolution mit Forderungen zum umstrittenen Versuch auf der Gotthardlinie verabschiedet.

ZPV-Forderungen zum Pilotprojekt «Buon appetito am Got-thard»

  1. Das Projekt soll mit dem Fahrplanwechsel beginnen und eine Laufzeit von 6 Monaten haben.
  2. Gewerkschaften und Personalkommission Zugpersonal müssen ständig über die Entwicklungen des Pilotprojektes informiert werden.
  3. Das Angebot wird nur dann gültig, wenn 2 Zugbegleiter/innen anwesend sind. Das Angebot wird zudem nur in einer ICN-Komposition angeboten.
  4. Das Projekt darf keine negativen Folgen für die Kolleg/innen von Elvetino haben.
  5. Das Personal fordert eine Liste aller Aufgaben, die aktuell bei der Begleitung der Züge erledigt werden müssen. Im Zusammenhang mit dem Pilotprojekt müssen die Aufgaben, die zuerst erledigt werden müssen, aufgeführt werden.
  6. Die Initianten des Projektes müssen das Zugpersonal auf einer Tour begleiten und bei deren Arbeit mithelfen.

Verabschiedet am 13. Juni 2009 in Bellinzona von der Versammlung des Tessiner Zugpersonals

Mobilisierend wirkte neben den Themen «Pensionskasse SBB» und «GAV-Weiterentwicklung» vor allem der Pilotversuch, den die SBB gegen den Willen von Personal, Personalkommission (Peko) und SEV beschlossen hat: Ab 1. August soll in ICN-Erstklasswagen auf der Gotthardlinie das Zugpersonal Speisen und Getränke servieren (siehe kontakt.sev Nr.11).

Verhandlungen mit den Sozialpartnern gab es nicht. Die SBB informierte diese lediglich in einer Arbeitsgruppe, führte Ende Mai Infoveranstaltungen für die vier betroffenen Depots Bellinzona, Chiasso, Luzern und Zürich durch und kündigte das Projekt bereits in den Medien an. Als sich in Luzern nur sieben Freiwillige meldeten, wurden kurzerhand Zugbegleiter/innen zum Mitmachen gezwungen.

Tessiner Widerstand

Das Zugpersonal von Bellinzona und Chiasso reagierte sofort mit starker Opposition. Es ist nämlich seit dem letzten Fahrplanwechsel auf der Gotthardlinie mit besonders vielen (begründeten) Kundenreklamationen und -fragen konfrontiert, vor allem wegen verspäteter Cisalpino-Züge, und hat mit entsprechendem Zeitaufwand und Professionalität wesentlich dazu beigetragen, den Imageschaden der SBB in Grenzen zu halten.

Deshalb und weil der Pilotversuch gerade dann beginnen soll, wenn der Sommerverkehr am grössten ist, ärgert das Personal die Halsstarrigkeit, mit der die SBB diesen Versuch durchziehen will. Ein Kollege brachte es auf den Punkt: «Die Kundinnen und Kunden sehnen sich nicht danach, von uns Essen und Getränke serviert zu bekommen, sondern wollen vor allem pünktliche und saubere Züge. Und sie wissen sehr wohl, dass sie nur in den Speisewagen zu gehen brauchen, um kompetent und professionell bedient zu werden.»

Resolution

Die Versammlung verabschiedete mit 29 zu 1 Stimmen eine Resolution (siehe Kas-ten). Darin wird die SBB aufgefordert, am Pilotprojekt Korrekturen vorzunehmen, damit es beim Zugpersonal etwas mehr Zustimmung findet. Die Resolution ist der SBB nach Redaktionsschluss bei einem Treffen mit Sozialpartnern und Peko am 22. Juni bereits überreicht worden.

Breite Opposition

Gegen den Versuch wehrt sich nicht nur der SEV, sondern die Peko des Zugperso-nals hat sich in einem Personal-Info ebenfalls dagegen ausgesprochen. Dank der engen Zusammenarbeit und Solidarität zwischen den ZPV-Sektionen wurde die Resolution auch an die Kolleg/innen in Luzern und Zürich verteilt mit der Auf-forderung, sie ebenfalls zu unterstützen.

Die SBB muss nun den starken Widerstand des Personals berücksichtigen, indem sie am Projekt die verlangten Korrekturen vornimmt. Sie kann damit beweisen, dass sie wirklich tut, was sie immer proklamiert: dass sie bereit ist, die Standpunkte aller anzuhören und zu berücksichtigen, damit sich alle hinter ein gemeinsames Ziel stellen können.

Angelo Stroppini/Fi