Nach einem Unfall schmerzen nicht nur die Blessuren, sondern manchmal auch die Strafuntersuchung.

Verfahren eingestellt

Immer wieder kommt es vor, dass man sich in der Rolle eines Angeschuldigten findet, obschon man sich keinerlei Schuld bewusst ist. In dieser Situation kann die Unterstützung eines Anwaltes nützlich sein.

Ein Velofahrer stürzt und zieht sich erhebliche Verletzungen zu: einen offenen Schlüsselbruch und einen Rippenbruch. Grund des Sturzes war – nach Aussage des Radfahrers, Kollege X – ein Fussgänger, der anscheinend im Begriff war, die Strasse zu überqueren. Ohne Vollbremsung von X wäre es zu einer Kollision gekommen. Nach dem Unfall leisteten Passanten erste Hilfe, die Polizei erschien und die Sanität brachte X ins Spital.

Spätes – böses – Erwachen

Vier Monate nach dem Unfall sah sich X mit einem Strafverfahren konfrontiert: Er soll, obschon er der drohenden Kollision ausgewichen ist, Verkehrsvorschriften verletzt haben (Nichtbeherrschen des Fahrzeuges nach Art. 31, Abs. 1, SVG). Er wendet sich an die Privatrechtsschutzversicherung. Diese stellt aber fest, dass der Unfall auf dem Heimweg von der Arbeit passiert ist und damit in den Zuständigkeitsbereich der Berufsrechtsschutzversicherung fällt.

Auf der Strasse oder nicht?

Die Aussagen des Velofahrers und des Fussgängers bei der polizeilichen Befragung sind widersprüchlich. Der Fussgänger behauptet, er habe die Strasse nicht überquert und auch keine solche Absicht gehabt. Er sei auf dem rechtsseitigen Trottoir gestanden und habe das Treiben im Quartier beobachtet. Der Velofahrer ist nach wie vor der Meinung, der Fussgänger habe die Strasse von links nach rechts überquert und sich mitten auf der Strasse befunden. An dieser Darstellung hält er in einer schriftlichen Stellungnahme fest.

Keine Spuren vorhanden

Mangels Aussagen weiterer Zeugen oder von Spuren, welche die eine oder andere Version hätten stützen können, konnte die Unfallursache nicht geklärt werden. Somit wurde das Strafverfahren eingestellt. Da keine anderen Verkehrsteilnehmer vom Selbstunfall des Radfahrers betroffen waren, wurden auch die Tatfolgen als «geringfügig» bewertet. Insbesondere befand die Staatsanwaltschaft auch das «Verschulden» des Radfahrers als «sehr gering», falls überhaupt von einem solchen auszugehen sei.

Und der Schadenersatz?

Für Kollege X ist die Einstellungsverfügung zwar eine Genugtuung, nicht aber eine vollständige: Nach wie vor ist er der Meinung, zum Unfall sei es wegen des Verhaltens des Fussgängers gekommen. Dieser jedoch schaltet auf stur und weigert sich, den Unfall nur schon seiner Haftpflichtversicherung zu melden. Also geht X mithilfe des Vertrauensanwalts des SEV in die Offensive und verklagt den Fussgänger. Dies auch, weil er nach wie vor unter den gesundheitlichen Folgen des Unfalls leidet und in der Zwischenzeit zudem seinen Arbeitsplatz verloren hat.

Glücklicher Ausgang

Vor dem Vermittlungsamt geht die Sache weiter. Der Anwalt unseres Mitglieds kann sich mit der Versicherung des Fussgängers auf einen (günstigen) aussergerichtlichen Vergleich einigen. Gemäss diesem richtet die Versicherung an unser Mitglied eine Entschädigung aus und übernimmt etwas mehr als die Hälfte der Anwaltskosten. Mit diesem Ausgang ist Kollege X nun «sehr zufrieden», nicht zuletzt, weil nach längerer Leidenszeit auch seine Gesundheit vollständig wiederhergestellt werden konnte.

Rechtsschutzteam SEV